
Erdbeer-Rhabarber-Pie – hungryIulia geht in die Lehre…
Was das Thema Pie betrifft musste ich durch eine “harte” englische Schule gehen. Ich musste lernen, dass der Teig nichts mit unserem Mürbeteig oder Blätterteig in deutschsprachigen Raum zu tun hat, sondern es sich um eine sogenannte “Shortcrust Pastry” handelt. Sie besteht nicht aus mehreren blättrigen Schichten, wird dementsprechend auch nicht so lang geknetet, ganz im Gegenteil. Shortcrust Pastry ist “fleckert”, fester und bricht ab wenn man mit der Kabel hinein sticht. Dieser Teig ist ideal für Pies und Tarts die schwere, heiße Füllungen zusammenhalten müssen. Traditionell wird sie aus “lard” (Schmalz) und Butter hergestellt, wodurch diese Konsistenz zustande kommt. Alternativ wird auch gerne pflanzliches Fett verwendet, das schmalzartig ist. Ich bin kein Fan davon, da die meisten pflanzlichen Fette stark verarbeitet sind und gehärtete Fette bzw. Transfette enthalten, die in einigen Ländern bereits gesetzlich verboten sind, weil sie so gesundheitsschädlich sind. Da mir der Gedanke von Tierschmalz in meinem Dessert allerdings auch keine Freude bereitet, gehe mit der klassischen kalten Butter und versuche schnell zu arbeiten, damit der Teig nicht zu warm wird. Außerdem helfe ich mir mit Eiswasser und lege den Teig anschließend noch für mindestens eine Stunde in den Kühlschrank. Das wichtigste ist, dass man einen fleckerten kalten Teig hat, der gerade so zusammenhält, dadurch entsteht die richtige Shortcrust-Pastry Struktur.
Traditionell werden Pies in England mit Obers (= Schlagobers = Sahne) serviert, allerdings nicht aufgeschlagen wie bei uns, sondern direkt flüssig darüber gegossen. Das Ergebnis: alles schwimmt im flüssigen Obers. Ich muss gestehen, das war gewöhnungsbedürftig… Nachdem ich anfangs meinen Obers für mich selbst noch aufgeschlagen habe, probierte ich es nach und nach (aus Faulheit) mit der flüssigen Variante. Und tatsächlich, freundete ich mich nach und nach damit an, denn ich bemerkte, dass der flüssige Obers die bissl härtere Shortcrust Pastry aufweicht und zusammen mit dem Obst eine cremige fruchtige Sauce entsteht. Ur gut!
Die Lieblings-Pie von meinem Lieblings-Pie-Lehrer, ist Apple & Blackberry Pie. Bei uns liegt IMMER eine Portion Shortcrust-Pastry im Tiefkühler, falls der Pie-Heißhunger plötzlich groß ist, vorbereitet vom Profi natürlich (nicht von mir). Auch wenn ich zu einem Stück Apfel-Brombeer-Pie nie nein sagen würde, war ich sehr aufgeregt als es eines Tages hieß, der Pie-Master versucht sich an einer neuen Füllung: Erdbeer-Rhabarer! Wer mich kennt weiß, ich liebe Erdbeeren über alles und esse sie fast täglich, wenn sie Saison haben. Deshalb haben sie es auch in mein hungryIulia-Logo geschafft, wer aufmerksam schaut, sieht dass es sich bei den Punkten über den “i’s” um kleine Erdbeerchen handelt. Ich war von der neuen Erdbeer-Rhabarber-Kreation so begeistert, dass ich nach all den Jahren in denen ich die englischen Pies nur gegessen habe, sofort in die Lehre ging um das Handwerk selbst zu lernen. Mit diesem Rezept möchte ich die frohe Pie-Botschaft in unsere deutschsprachige Welt hinaus tragen und sagen: backt mehr Pies! Und vor allem: backt ganz viele mit Erdbeer und Rhabarer! Und so gehts:

I am hungry! Tama wos! Los gehts!
ZUTATEN: für 8 Portionen
SCHWIERIGKEITSGRAD: leicht
ZUBEREITUNGSZEIT: ca. 30 Minuten
+ mindestens 1 Stunde Ruhezeit für den Teig im Kühlschrank
KOCHZEIT: ca. 40 Minuten
ZUTATEN
Für den Teig:
(wenn man den Dreh raus hat, gleich die doppelte Menge machen, Teigreste für Dekoration nützen und den Rest einfrieren)
- 200 g Universalmehl
- 100 g kalte Butter, kleingeschnitten
- 1 Prise Salz
- 2-3 EL Eiskaltes Wasser
Für die Füllung:
- 600 – 700 g Rhabarber
- 200 g Erdbeeren
- 60 g brauner Zucker + 2 EL zum Bestreuen
- 1 Eidotter + 1 Schuss Milch
Zum Servieren:
- Schlagobers (Sahne)
- Staubzucker
- frische Erdbeeren zum dekorieren wer mag
EQUIPMENT
Auflaufform mit ca. 25 cm Durchmesser.
METHODE
1) Wir beginnen mit dem Teig und vermischen zunächst das Mehl (200 g) mit einer 1 Prise Salz. Anschließend wird die kleingeschnitte Butter dazu gegeben und mit dem Mehl “verbröselt”. Man kann auch eine Gabel oder ein Buttermesser verwenden, Hauptsache man knetet nicht und arbeitet sehr sehr schnell, nicht länger als 5 Minuten. Am Ende hat man “Fleckerln” und Brösel von der Konsistenz her, wobei uns “Fleckerln” in diesem Fall lieber sind, als dass es zu weich und kompakt wird.
2) So viel eiskaltes Wasser dazu geben, damit sich ein homogener Teig bildet, der gerade so zusammen hält. Er sollte nicht zu feucht und nicht zu trocken sein, in keinem Fall aber klebrig! Ich nehme meist nur 3 EL Wasser, es kommt aber ganz auf die Beschaffenheit des Mehles an das man verwendet. Anschließend kommt der Teig für mindestens eine Stunde in den Kühlschrank. Das Eigelb mit der Milch verühren und beiseite stellen.
3) Während der Teig im Kühlschrank rastet, kann die Füllung zubereitet werden. Rhabarber (600-700 g) waschen und in 2 cm lange Stücke schneiden, anschließend in einem Topf mit dem Zucker (60 g) vermischen und kurz erwärmen. Eigentlich ist das erwärmen nicht notwendig, weil der Rhabarber im Ofen genug Zeit hat um weich zu kochen, allerdings ist jeder Rhabarbar anders und hat unterschiedlich viel Säure. Ich erwärme ihn deshalb im Topf um ihn ein bissl abschmecken zu können. Je nach Sorte brauchts eventuell mehr Zucker. Abschmecken und abkühlen lassen, anschließend die Erdbeeren (200 g) waschen und Strunk entfernen, die Früchte ganz lassen.
4) Den Ofen auf 180 Grad vorheizen. Den Teig halbieren und die erste Hälfte auf einer leicht bemehlten Arbeitsfläche ausrollen. Falls das nicht gut klappt und der Teig reißt, einfach die Löcher mit Teigresten stopfen. Das ist ist ein sehr dankbares Dessert, es verzeiht einem fast alles! Nach dem Backen merkt man gar nichts mehr von Unebenheiten oder Schönheitsfehlern, also keine Angst wenn es uneben ist und den Boden gut abdichten.
Dann die zweite Hälfte ausrollen, die Rhabarber-Füllung einfüllen, die Erdbeeren im ganzen dazu geben und den Deckel darauf legen. Die Seiten mit einer Kabel oder den Fingern andrücken, damit es gut abschließt an den Rändern. Mein Deckel hat von Natur aus Risse, weil mein Teig immer bissl reißt. Falls ihr im Ausrollen besser seid und euer Deckel ganz dicht ist, macht ein kleines Loch in der Mitte oder schneidet ihn etwas ein, damit der Dampf aus der Füllung austreten kann während dem Backen. Das reduziert die Flüssigkeit und man vermeidet dass alles schwimmt oder überläuft. Wer mag kann die Pie noch ein bissl dekorieren, Inspiration gibt es dazu ganz viel auf Instagram – richtige Kunstwerke findet man da, zum Beispiel bei @twiggstudios. Wenn man mit seinem eigenen Kunstwerk fertig ist, wird die Pie noch mit der Ei-Milchmischung bestrichen und dem restlichen Zucker (2 EL) bestreut, dann gehts ab in den Ofen. Die Backzeit besträgt ca. 40 Minuten, aber am Ende entscheide ich nach Farbe, wann sie fertig ist, die Oberfläche sollte goldbraun sein.
4) Die Pie nach dem Backen mindestens eine halbe Stunde auskühlen lassen – man kann sich auch direkt drauf stürzen, wenn man es gar nicht mehr erwarten kann, aber dann wird die Füllung mit Sicherheit auf dem Teller zerlaufen. Naja, nix Schlimmeres soll gschehn! Mit frischen Erdbeeren dekorieren und mit flüssigem! 😛 Obers und wer mag, mit Puderzucker servieren. In England benutzt man traditionell keinen Puderzucker, allerdings hilft es mir im Nachgang die Säure etwas auszugleichen, falls ich doch zu wenig Zucker genommen hab. …ja und außerdem und überhaupt, siehts auch noch scheee aus!



TIPP 1: Teigreste für den Pie-Deckel oder für Dekoration immer im Kühlschrank lagern bis man ihn tatsächlich verwendet, damit er nicht zu warm wird.
TIPP 2: Früher habe ich den Rhabarber geputzt und die fasrige oberste Schicht abgezogen. Das mache ich seit einer Weile nicht mehr, weil ich keinen Unterschied erkenne. Ich hatte noch nie fasrige Stücke im Mund vom Rhabarar wenn ich den Aufwand einmal nicht betrieben habe, vielleicht hatte ich aber auch Glück.

VEGAN-TIPP
Ich habe den Teig noch nie mit veganer Butter gemacht, aber dürfte grundsätzlich kein Problem sein, da es sich bei veganer Butter auch um Pflanzenfett handelt, was für den Shortcrust-Teig, wie im Intro erklärt, ideal ist. Bestreichen kann man am Ende auch nur mit Pflanzenmilch und zum servieren gibt es vegane Schlagcreme. Eventuell passt auch aufgeschlagene Kokoscreme gut zu den Erdbeeren und zum Rhabarber. Sagt Bescheid, wie es geschmeckt hat, wenn jemand von euch die vegane Abwandlung einmal ausprobiert.



